Dieser Bericht erschien letzte Woche als Gastblogbeitrag auf dem Fahrradblog Bikelovin. Danke, liebe Christiane, für die tolle Zusammenarbeit!
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BERLIN BY BIKE
Fahrradfahren in Berlin kann schon eine Herausforderung sein.
Erstens muss einem das Fahrrad erhalten bleiben, was nicht immer einfach ist.
Diebstahl und mutwillige Zerstörung sind die hinderlichen Vorkommnisse, die es zu vermeiden gilt. Seit mein nigelnagelneues Fahrrad, das ich mir vor einigen Jahren gönnte, nur ca. 2 Wochen lang in meinem stolzen Besitz verweilte, habe ich nur noch Fahrgefährte, die sowohl 2 Räder als auch 2 Hände haben... Second Hand nennt sich das im Volksmund... LOL
Mein als Fidel-Marcel getauftes pinke Mädchenfahrrad war das
erste verfügbare Exemplar in meiner Größe beim Second-Händler
meines Vertrauens. Die Gangschaltung ließ zu wünschen übrig, der
Fahrradkorb war schon kurz vorm Durchrosten und das gute Teil fühlte
sich an als wäre es mit Blei versetzt. Wäre jetzt nicht meine erste
Wahl gewesen, aber ich war jung und brauchte ein Fahrrad... Einen
Vorteil hat das aparte Teilchen zudem: Keiner klaut es! Also, Hürde
1 überwunden...
Hürde 2 sind die Berliner Verkehrsbedingungen, die starke Nerven
erfordern.
Fahrradwege sind häufig zugeparkt, fehlen gänzlich oder führen
an Bushaltestellen vorbei. Letzteres ist ein Spießrutenlauf, wenn
der Bus leider genau das gleiche Tempo hat wie man selbst und man
somit alle paar Minuten Slalom auf dem Radweg fahren darf, wahlweise
jedes Mal komplett zum Stillstand kommt. Nimmt man Nebenstraßen, in
der Hoffnung, diese Probleme zu umgehen, dann gibt es andere
Herausforderungen. Nebenstraßen haben oft den Nachteil mit
Kopfsteinen gepflastert zu sein, wovon ich meist nach 2 Sekunden
schon eine (gefühlte) Gehirnerschütterung bekomme. In den östlichen
Stadtteilen muss man sogar aufpassen, dass man nicht in den
Straßenbahnschienen hängen bleibt.
Hat man dann eine Straße, auf der man gut fahren kann, dann sind
wiederum rücksichtslose Autofahrer an der Tagesordnung. Abstand
halten? WAS ist DAS? Gucken, ob ein Fahrrad gerade vorbeifährt,
während man die Autotür aufmacht? Niemals! Aber auch andere
Fahrradfahrer können einem ganz schön auf den Keks gehen. Stellen
Sie sich an einer roten Ampel in Berlin immer so weit wie möglich
rechts zum Straßenrand hin(falls da nicht gerade ein Auto steht).
Bleiben auch nur 2cm Platz zum Rechtsüberholen, dann wird dieser
Platz garantiert von einem sogenannten Kampfradler mit
Rot/Grün-Schwäche und/oder Missachtung der Ampelfarbe ausgenutzt.
Herzkasper garantiert! Radwege werden zudem gerne von
Geister(rad)fahrern genutzt, die das Gesicht nach unten gerichtet
haben (Smartphone-Sucht), also hier auch: Augen offen und nicht auf
das Recht beharren, auf der richtigen Seite zu sein, wenn man nicht
bald am Boden liegen möchte.
Hürde 3: Ampeln. Es gibt davon viele. Und sie sind auf Autofahrer
ausgerichtet. Eine grüne Welle für Radfahrer gibt es nicht, wird es
auch nie geben. Und es steht garantiert eine ganze Gruppe
Kindergartenkinder auf der gegenüberliegende Straßenseite, wenn Sie
die Rotphase haben, so dass bei Rot herüberfahren, wenn gerade eh
weit und breit kein Auto zu sehen ist, aus erzieherischen Gründen
nicht in Frage kommt. Es sei denn, man hat keine Angst davor, von den
Erzieherinnen gelyncht zu werden. Problemlösung: Vorausschauend
fahren. Schnell, wenn die Grünphase in der Ferne noch anhält,
langsam wenn die Rotphase noch weilt. Und sich nicht ärgern, wenn's
nicht klappt, denn die Wahrscheinlichkeit, dass DAS klappt sowieso
gen Null tendiert.
Hürde 4: Menschenmassen.
Berlin ist nun mal eine Großstadt. Wenn man seine Ruhe haben
will, muss man aufs Land herausfahren oder ein paar Stellen kennen,
wo man gut Fahrrad fahren kann. Ich werde mich schwer hüten, alle
meine Geheimtipps auszuplaudern, aber eine Stelle verrate ich euch
gerne: Es ist das Flughafengelände. Nicht IRGENDein
Flughafengelände, sondern das neue Fahrradfahrerparadies am
Tempelhofer Feld. Um hierher zu finden, überwindet man gerne alle 4
eben genannte Hürden und wäre sogar bereit, noch weitere auf sich
zu nehmen!
Vrrrrrrrrrooooooooooooaaaaaaaaaaam... Wo man früher an den
Startbahnen gestanden hat, um zuzuschauen wie die Flugzeuge
aufsteigen, kann man nun auf der anderen Seite des Zauns am
ehemaligen Flughafen Tempelhof immer noch Fluggeräusche hören. Sie
sind aber leiser geworden, denn statt Flugzeuge sind es Drachen, die
in der Luft weit oben surren, Rollschuhe, Skateboards und/oder eine
Mischung aus alledem, mit vom Wind erzeugten Schallwellen... Keine
Ahnung, wie die Teile heißen, die wie Fallschirme mit Rädern
drunter aussehen. Sie sind wohl gerade der absolute Renner auf dem
Flughafengelände und schwirren wie rollende Engel in Bodennähe
umher.
Das Tempelhofer Feld ist meine neue Oase in Berlin. Es ist riesig.
Es ist grün. Es ist weitsichtig. Innerhalb einer Großstadt so eine
Sicht wie im Umland zu haben, ist einfach traumhaft. Die Autos hört
man nur ansatzweise. Eher schallen Kinderstimmen übers Feld oder man
hört den Traktor, der die Wiesen mäht, das Gras zu Heuballen
bündelt und zu riesigen Trockengrasmauern auftürmt. Ich liebe es,
bei schönem Wetter auf einem dieser Heuballen zu liegen und mich
mitten in der deutschen Hauptstadt wie auf einer einsamen Insel zu
fühlen.
Das Tempelhofer Feld ist zwar kein wirklicher Geheimtipp mehr. An
schönen Tagen sind hier sehr viele Leute unterwegs, aber aufgrund
der Weitläufigkeit des Felds verteilen sich die Menschenmassen sehr
gut. Die Fußgänger türmen sich an Sommertagen auch nur an den
Eingängen, wo sich die ausgewiesenen Grillplätze und
Hundeauslaufgebiete befinden. Mit dem Fahrrad kommt man dagegen zu
den ruhigeren Stellen, an denen man sich wunderbar entspannen, den
Turmfalken beim Jagen zusehen und die Haare im Wind wehen lassen
kann. Mit einem erholten und friedfertigen Gefühl, so dass man
wieder gewappnet ist für die gnadenlosen Ampelschaltungen und die
gewohnte Kampfumgebung im Berliner Straßenverkehr, kehrt man dann
wieder zum Alltag in der Großstadt zurück.
Hach, mir ist´s auch ein Vergnügen, mit dir zusammen was auszuhecken - danke dir!
AntwortenLöschenUnd jetzt seh ich auch die fallschirmähnlichen Dinger mit Rädern drunter, die bei euch so rumschwirren - und im Hintergrund nen Verkaufsstand mit FAHRRAD! Wie konntest du mir den nur vorenthalten?
;)
Liebe Grüße
Christiane
Hehe... Das ist der Test, ob du auch auf meiner Seite mitliest... LOL... War mir nicht sicher wegen Fotos mit Menschen drauf, hab auch die Gesichter geschwärzt, aber ich dachte, wenn ich deswegen Ärger bekomme, dann nehme ich es auf meine eigenen Kappe...
LöschenLiebe Grüße zurück und bin schon auf nächste Woche gespannt!!!!
Anne-Marie
;)
Löschen“Life is like riding a bicycle. To keep your balance, you must keep riding.”
AntwortenLöschen(Albert Einstein) *♥schliebefahrradfahren*
Danke fürs Kommentieren, Engelchen!
LöschenFahrradfahren verleiht Flügel!!! *schwört*
Eine Kürschblüte in Berlin, großartig geschrieben, es ist als würde ich selbst wieder durch Berlin radeln.
AntwortenLöschenDanke, Frau Handwerkerin! Manche Dinge werden sich in Berlin auch nie ändern... LOL
Löschenkomisch....ich hatte dir doch hier was geschrieben....wo issn das hin???? und du hattest echt funkkontakt mit dem tower und die erlaubnis durchzufahren *grins + zwinker*
AntwortenLöschenlg mickey
Aber selbstverständlich!!!! Es hat richtig gefunkt!!! hehe
LöschenWas habe ich denn da für eine nette Seite endeckt ! So schöne Bilder vom Tempelhofer Feld. Wir sind vor drei Jahren da mal drübergeradelt und fanden es auch superklasse, so eine riesige Fläche mitten in der Stadt für Spiel, Spaß und Erholung. Ich wünsche den Berliner und ihren Besuchern, das die Stadtobersten sich nicht vom Geldblinkern blenden lassen und diese riesige Luftblase so lassen wie sie ist.
AntwortenLöschenlG Silke
Daaaaaaaaaankeschön! Ich freue mich riesig über deinen Kommentar und finde es immer total schön, wenn jemand meine Begeisterung teilt ;-)
LöschenIch hoffe auch, dass das Gelände noch lange so bleibt wie es ist, denn ohne solche Flächen wird man in der Großstadt sonst irgendwann verrückt...
LG, Anne-Marie